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ALTE GESCHICHTEN Kapitel 7
Schall & Rauch... Nun endlich saß Aaron in einer gemütlichen Ecke des Ladens inmitten der antiken Möbel aber am Keyboard, welches wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung wirkte. Und er raufte sich zum wiederholten Male die Haare. Denn sein Klavierlehrer John Aubrey setzte deutlich zu viele Kenntnisse voraus, wurde schnell ungeduldig und war im Allgemeinen ein eher unkonzentrierter Zeitgenosse. Zu oft fielen ihm in den unpassendsten Momenten zudem süffisante Anekdoten seines langen Lebens und seines noch längeren Todes ein, die er wortreich zum Besten geben musste.
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ALTE GESCHICHTEN Kapitel 6
Eine nächtliche Heimkehr... Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte wenige Sekunden später. Es war gleichzeitig am Himmel und beunruhigenderweise auch draußen in der Scheune zu hören. Ein gewaltiger, langgezogener Donner brach sich Bahn, doch da war noch etwas anderes. Alarmiert und etwas verunsichert sahen sich die beiden Männer an und eilten dann durch die versteckte Tür nach draußen in die große Ausstellung. Dem aggressiven Windzug nach zu urteilen hatte der immer heftiger aufziehende Sturm irgendwo ein Fenster aufgedrückt. In diesem Moment ging die ohnehin spärliche Beleuchtung in der großen Scheune aus und sie verharrten bewegungslos in absoluter Dunkelheit.
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Herbst
Ich mag den Herbst, denn er kommt leise, wie das Ende einer viel zu langen Reise, die du laut, zu schnell, zu fordernd war – wie der Sommer auch in diesem Jahr: Alle mussten draußen sein, ohne Grund ging keiner rein. Outdoor-Spaß war Bürgerpflicht, Stubenhocken leider nicht. Die Nachbarn wussten gut Bescheid über deutsche “Sommerzeit”: Terrasse kärchern, Weber Grill – wer sich nicht blamieren will. Lichtschutzfaktor 50 plus, Sonnenbrille war ein Muss – übergroß und vom Designer, dafür war’n die Hosen kleiner. Kragen stand am Polohemd, in der Hand ein Drink im Trend, was mit Spritz und Alkohol – wahrscheinlich wieder Aperol. Nee, da lob ich mir die dicken Socken,…
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ALTE GESCHICHTEN Kapitel 5
Eine leise Melodie... Zunächst war Aaron sich nicht sicher, ob sich tatsächlich jemand im Keller hinter ihm befand oder ob jemand – oder möglicherweise auch etwas – gerade wortwörtlich auf bestem Wege war, aus der Spiegelwelt herauszutreten wie in einem drittklassigen Horrorfilm. Doch diese Verwirrung hielt nur wenige Sekunden an, denn da hatte die Gestalt bereits begonnen, ihrer Verwunderung über das ungewöhnliche Kellergeschoss lautstark Ausdruck zu verleihen.
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ALTE GESCHICHTEN Kapitel 4
Der schwarze Spiegel... Aaron trat mit etwas mulmigem Gefühl über die Linie und stellte sich vor den verhüllten Spiegel. Er löste die Kordel, die das graue Laken fixierte. Dann griff er mit der rechten Hand beherzt in den sich erstaunlich kalt anfühlenden Stoff und zog vorsichtig daran. Das Tuch begann sofort, sich in einer einzigen, anmutigen und weichen Bewegung vom Spiegel zu lösen und elegant zu Boden zu segeln. Aaron starrte zunächst ehrfürchtig in sein eigenes, blasses Gesicht, das etwas stumpf vor ihm in der schwarzen Fläche reflektierte. Er trat einen Schritt zurück und ließ seinen Blick über den gesamten Spiegel schweifen. Beeindruckend sah er aus, der große, massive Rahmen…
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Mitternachtsdinner
Ich weiß nicht, ob mir jemals jemand diese Geschichte glauben wird, denn sie klingt eher nach einer Episode jeder x-beliebigen Grusel-Hörspiel-Serie als nach der Wahrheit. Ich habe hier im Forum bisher nur auf die Erzählungen anderer reagiert und konnte keine eigenen Erlebnisse beisteuern. Außerdem habe ich mich immer für sehr rational gehalten und habe in allen Geschichten hier eine mögliche „natürliche“ Erklärung gefunden. Daher habe ich auch lange überlegt, ob ich dieses Erlebnis mit euch teilen möchte oder nicht. Ich habe mich nun dafür entschieden.
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ALTE GESCHICHTEN Kapitel 3
Ungebetene Besucher... Der Besucher, der vor der Eingangstür mit stoischer Geduld auf Einlass wartete, trug einen schlecht sitzenden Discounteranzug nebst geblümter Krawatte und hatte das bereits schütter werdende Haar mit reichlich Pomade ordentlich an den leicht geröteten Kopf geklebt. Mit beiden Händen hielt er einen abgewetzten Dokumentenkoffer vor seinen Bauch, als wolle er sich dahinter verbarrikadieren. Als Aaron die Tür öffnete, nickte der Besucher zur Begrüßung kurz mit dem Kopf und verzog seinen Mund zu einem aufgesetzt wirkenden Lächeln, während er sich hektisch atmend vorstellte: „Rasmus Hasse von der Kreissparkasse, Abteilung Immobilienkredite, Spezialgebiet Umsetzung der Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes. Sind Sie Aaron Pfundeisen?“
